Lesungen, 28. Oktober 2020

Lesung – Anja Utler: „kommen sehen. Lobgesang“

Zeit:
28. Oktober 2020, 14:00
Plattform:
Zoom
Anmeldung:
Anmeldung per Mail an baharova@uni-trier.de
Sprache:
  Deutsch
Referent/in:
Anja Utler

Die DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Russischsprachige Lyrik in Transition“ (FOR 2603) lädt Sie herzlich ein zu einer Lesung mit Anja Utler aus ihrem neuesten Gedichtband „kommen sehen. Lobgesang“. Die Lesung wird live über Zoom gestreamt. Bitte melden Sie sich bis zum 27.10. bei Katja Baharova (Koordinatorin des Kollegs: baharova@uni-trier.de) an, um an der Live-Veranstaltung teilzunehmen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden die Zugangsdaten zur Zoom-Sitzung kurz vor Veranstaltungsbeginn zugeschickt.

 

Zur Lesung:

Später werden viele sagen, sie hätten es nicht gewusst. Dagegen konnte man doch nichts machen.

Anja Utlers neuester Gedichtband „kommen sehen. Lobgesang“ (September 2020) ist der Klimakrise gewidmet, genauer: Einer lyrischen Analyse jener Argumentations- und Verhaltensmuster, die Passivität und Gleichgültigkeit angesichts drohender Katastrophen ermöglichen und Handlungsenergien pauschal auf Gruppen und Probleme umlenken, die mit den tatsächlichen Herausforderungen nichts zu tun haben. Rückblick aus dem Futurum Exaktum: Eine alte Frau versucht ihrer Tochter zu erklären, wie sich die physische Welt, aber auch die Existenz der Menschen in jenen „drei Jahren Sommer“ verändert hat, sodass sie in einer postapokalyptischen Welt ohne Erklärung nicht mehr auf die Vergangenheit vor der Katastrophe bezogen werden kann und immer noch um sprachliche Antworten auf das Geschehene gerungen wird. Dabei komponiert Utler aus den beherrschenden Idiomen unserer Gegenwart – aus Alltag, Wissenschaft, Politik, aber auch aus mythologischen Versatzstücken, die angesichts des undenkbaren Neuen nach Umstrukturierung rufen – ein Gedicht, das seine Wirksamkeit nicht alleine aus der Oberfläche der Sprache selbst heraus entfaltet. Auch das Daneben und Dazwischen, beispielsweise die Offenlegung der sprachlichen Ausweichmanöver unserer Alltagskultur, des Streuens und Verwelkens von Worten, Begriffen, Wendungen lassen daraus beim präzisen Hinhören Erkenntnis erwachsen. Gleichzeitig wird Empathie geweckt, die dazu beitragen kann, die Prophetie des Gedichtes zu bannen.

 

Anja Utler (*1973) ist ausgebildet in den Fächern Slavistik, Anglistik und Sprecherziehung. Sie arbeitet als Dichterin, Essayistin und Übersetzerin. 2003 wurde Anja Utler mit einer Arbeit zu Geschlechterfragen in der russischen Lyrik der Moderne (Zinaida Gippius, Elena Guro, Anna Achmatova und Marina Cvetaeva) promoviert.

2018/19 war Anja Utler Thomas-Kling-Poetikdozentin an der Universität Bonn, 2017/18 Gastprofessorin für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien, 2015 unterrichtete sie als Writer-in-Residence am Oberlin College, Ohio. Sie ist Honorary Fellow des International Writing Program in Iowa (IWP ’14) und wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet (u.a. Leonce-und-Lena-Preis 2003; Basler Lyrikpreis 2014; Heimrad-Bäcker-Preis 2016, Lyrikpreis der Südpfalz 2020).

Anja Utlers Gedichte wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und in Anthologien, Zeitschriften und in einigen Ländern auch als Bücher gedruckt. Festivalteilnahmen/Lesungen in Europa, Asien, den USA und Südamerika.